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INTERVIEW
„Junge Frau, es geht nicht, mit Ihnen Geschäfte zu machen!“
Gaby Schuster und Angela Häßler galten einst als toughe Verhandlungspartnerinnen, doch die Männerwelt Fußball tut sich schwer mit ihren Nachfolgerinnen: In Deutschland ist Samira Samii die einzige Frau, die beim Transferpoker mitmischt. Die Sport- und Marketingmanagerin träumt davon, Sportdirektorin eines Bundesligisten zu werden. Interview Matthias Greulich

Samira Samii

Samira Samii

Frau Samii, Sie sind eine der ganz wenigen Frauen, die auf dem Transfermarkt die Fäden ziehen. Haben einige Sportdirektoren und Vereinspräsidenten im Fußball-Business ein Problem damit, wenn eine Frau mit Ihnen verhandelt?
Samira Samii: Ich arbeite sehr eng mit Vereinen in Nordafrika und der Golf-Region zusammen, aber auch mit Klubs in Italien und Spanien. Dort wird es als normal angesehen, dass eine Frau sich im Fußball auskennt, gute Kontakte und Know-how in diesem Bereich hat. Es ist viel leichter, mit den Männern dort Geschäfte zu machen. Sie akzeptieren es viel besser, dass ihnen eine Frau als Verhandlungspartnerin gegenüber sitzt. Vielleicht liegt es an einer anderen Mentalität, dass Frauen dort besser im Fußball angekommen sind.

In der Bundesliga sind die Männer noch nicht so weit?
Offensichtlich nicht. Ich höre immer noch blöde Aussagen wie: Ach junge Frau, es geht nicht, mit Ihnen Geschäfte zu machen. Die Leute von außen würden sagen, dass wir den Vertrag nur geschlossen haben, weil Sie so gut aussehen!

Bei einigen nützt es wenig, wenn ich ihnen sage, dass sie den Vertrag doch abschließen, weil ich ihnen einen guten Spieler anbiete. Es gibt Bundesligavereine, mit denen ich gut zusammenarbeite, aber auch einige Bundesligaklubs, die mir noch nie auf eine E-Mail geantwortet haben. Wenn ich so etwas sehe, denke ich dass, viele Männer immer noch Angst vor starken Frauen haben.

Kennen Sie noch andere Frauen, die als Spielerberaterin arbeiten?
Ich habe nur eine Dame kennengelernt, die in Frankreich arbeitet, Sonia Souid. In Deutschland kenne ich momentan niemanden außer mir. Das finde ich schon sehr seltsam. Ich hatte geglaubt, dass sich durch die großen Erfolge der Frauennationalmannschaft etwas verändern würde. Aber das ist nicht passiert. Ich bin ein positiver Mensch, aber momentan habe ich da wenig Hoffnung. Viele Frauen trauen sich nicht, in die Fußball-Welt hinein obwohl sie die Fähigkeiten dazu hätten. Wenn es zwei oder drei Frauen wie mich geben würde, könnte sich möglicherweise ein ganz klein wenig etwas verändern.

Welche Steine hat man Ihnen am Anfang in den Weg gelegt?
Es war schwierig, sich den Respekt zu erarbeiten. Und relativ hart, sich Gehör zu verschaffen, wenn man als einzige Frau immer nur Männern am Verhandlungstisch gegenüber sitzt. In dieser Männerdomäne anzukommen, war definitiv nicht leicht. Man muss sich etwas trauen. Wenn ich kein Know-how in dem Geschäft habe, funktioniert gar nichts. Ich habe schnell gelernt: Als Frau darfst du dir in der Fußballwelt überhaupt keine Fehler erlauben.

Ihre Vorgängerinnen Gaby Schuster und Angela Häßler galten in den Achtzigern in der Branche als toughe und professionelle Verhandlungspartnerinnen. Sind diese Frauen vergessen?
Bei den Fans vielleicht. Aber bei den Klubs sicherlich nicht, denn sie haben Verträge über große Summen verhandelt. Bei einem sehr großen Verein sagte mir mein Gesprächspartner: Sie sind seit 17 Jahren die erste Frau, mit der wir in diesem Büro über einen Transfer geredet haben.

Haben Sie sich Ziele gesetzt, die Sie im Fußballgeschäft noch erreichen wollen?
Mein größter Wunsch wäre es, Sportdirektorin oder Managerin eines Bundesligavereins zu werden. Ich mache mir viele Gedanken, wie ich da etwas bewegen könnte. Was ich mir im Leben gewünscht habe, konnte ich bislang noch immer erreichen. Aber bei diesem Ziel wird es ein langer Weg. In anderen Ländern, wie etwa Italien, hätte es wohl schon geklappt. Ich hatte schon ein Angebot aus Italien, musste aber aus privaten Gründen absagen.

Katja Kraus hat acht Jahre lang im Vorstand des Hamburger SV gearbeitet, bis ihr Vertrag im März 2011 aufgelöst wurde. Warum ist keine Nachfolgerin für sie in Sicht?
Ich denke, es ist nicht ein Problem der Vereine. In den Klubs glaubt man, Probleme mit den Fans zu bekommen, wenn man eine Sportdirektorin oder Präsidentin einstellt. Dass die Leute sich beschweren, weil eine Frau doch keine Ahnung vom Fußball hat. Ich glaube, die Klubs würden gerne mehr Frauen holen, fürchten aber den Widerstand der Fans.

Quelle: RUND-Fußball Magazin/Matthias Greulich/08 Mai 2012

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