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„Es kommen noch mehr dubiose Gestalten regulär in den Markt“
Die Fifa will die Lizenz für Spielerberater abschaffen. Welche Folgen das auf dem überhitzten Transfermarkt hätte, sagt unsere Kolumnistin Samira Samii im RUND-Interview.

Samira Samii

Die einzige Spielerberatin in Deutschland: RUND-Kolumnistin Samira Samii
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Frau Samii, Gerhard Mayer-Vorfelder sagte einst: „Das Beraterwesen ist das Schlimmste, was dem Fußball passieren konnte.“ Warum haben Berater so einen schlechten Ruf?
Samira Samii: In jedem Beruf gibt es schwarze Schafe. Der Ruf der Berater ist heute schon nicht der Beste. Fallen künftig die Lizenzen weg oder die Möglichkeit mit einem Anwalt zu kooperieren, wird der Ruf dieses Berufes noch schlechter und das mit Recht. Aber ich frage mich: Sind wirklich nur die Berater an allem schuld oder gibt es ebenso viele schwarze Schafe in den Vereinen wie bei den Beratern?

Warum ist ein Berater mit Lizenz besser als ein Berater ohne Lizenz?
Samira Samii: Auch ich habe keine Lizenz, arbeite aber sehr eng mit einer Juristin und anderen lizenzierten Partnern zusammen. Ich habe ein Sportmanagement-Studium absolviert, bin vom Fach, kenne das Tagesgeschäft, habe ein gutes Netzwerk und pflege meine internationalen Kontakte. Eine Lizenz ist kein Nachweis dafür ob ein Berater gut ist oder nicht, aber es ist ein Nachweis dafür, dass ein lizenzierter Berater gewisse Grundregeln beherrscht. Künftig können jedoch Menschen diesen Beruf ausüben ohne jegliche Ahnung von Fußball oder Management zu haben. Würden Sie gerne zu einem Arzt gehen der kein Studium hat und eigentlich von Hauptberuf ein Pizzabäcker oder Friseur ist?

Was sagen Sie zu der Argumentation, das bestehende System sei wirkungslos, weil rund dreiviertel aller Transfers onehin von Beratern ohne Lizenz abgewickelt werden würde?
Samira Samii: Es gibt natürlich Negativbeispiele, die einfachste Prüfungsfragen gedanklich nicht erfassen können. Das hat zu einer hohen Durchfallquote bei der Spielerberater-Prüfung geführt. Es ist mittlerweile sehr modern, dass man mit einem Anwalt arbeitet. Man muss nicht unbedingt die Lizenz haben, aber das System komplett zu ändern wäre totaler Wahnsinn. Was aber auch heißt: Ohne Lizenzprüfung und Kooperation mit Anwälten kommen noch mehr dubiose Gestalten regulär in den Markt.

Als Gegnerin der Fifa-Pläne müssten Sie doch eine Regulierung des Marktes begrüßen. Wie kann man dieses Geschäft künftig klarer definieren?
Samira Samii: Derzeit gibt es kein einheitliches internationales Recht. Ich arbeite in vielen Ländern Europas, Nordafrikas, des Mittleren Ostens und Amerikas. In all diesen Ländern herrschen unterschiedliche Regeln. Ein Vorbild könnte meiner Meinung nach Frankreich sein. Dort wird vom Staat vorgeschrieben, dass eine Lizenz erforderlich ist, um einen Spieler zu transferieren. Außerdem ist klar geregelt, dass das Berater-Honorar immer vom Verein bezahlt wird. Die ist für mich eine klare Linie wo jeder weiß, was er zu leisten hat.

Man hört immer wieder, dass einige Manager in den Klubs ihre Lieblingsberater haben von denen sie Spieler verpflichten?
Samira Samii: Ich muss bei dieser Frage etwas schmunzeln. Obwohl es niemand zugibt, kommen solche Fälle vor. Manchmal ist es traurig und enttäuschend wenn man einen guten und passenden Spieler hat und ein Manager trotzdem die schlechtere Alternative seines Lieblingsberaters übernimmt. Manchmal vergessen diese Leute ihre Professionalität und denken nur ans Geld. Es geht um Geschäfte. Das Spiel hat durch viele Faktoren gelitten. Es geht nicht mehr nur um Sieg oder Niederlage, um tolle Tricks, sondern um Geld, Macht und Wirtschaftsentwicklung von Unternehmen.

Wo Sie über Geld sprechen: Wie kann ein Spieler seinem Berater vertrauen und sichergehen, dass der Berater ihn nicht nur ausnutzen möchte?
Samira Samii: In erster Linie muss die Chemie zwischen dem Spieler und dem Berater stimmen. Ein seriöser Spielerberater hat ein umfangreiches Aufgabengebiet. Er sollte den Spieler in wirtschaftlichen, steuerlichen, versicherungstechnischen und natürlich sportlichen Fragen beraten. Die Beratung sollte vor allem bei jungen und ausländischen Spielern sogar bis in den privaten Bereich hinein gehen. Besonders wichtig ist es für angehende Profispieler, die mögliche Sportinvalidität abzusichern. Ein Spielerberater sollte sich also umfassend um seinen Spieler kümmern auch wenn er persönliche oder psychologische Probleme hat und nicht nur an schnell verdientes Geld bei einem einzigen Transfer denken. Einen professionellen Spielerberater erkennt man auch daran, dass er sich auf einem soliden rechtlichen Niveau bewegt. Ein Indiz dafür ist beispielsweise eine Kooperation mit einem Juristen oder dass ein Beratungsvertrag auf maximal zwei Jahre abgeschlossen werden darf.

Quelle: Run- Das Fußballmagazin/18.11.14
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