Rund- Das Fußballmagazin- Kolumne

Home » Rund- Das Fußballmagazin- Kolumne » Medien » Rund- Das Fußballmagazin- Kolumne

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Gibt es das auch im Fußball?
Unter #MeToo schildern Frauen seit knapp einem Jahr sexuelle Übergriffe. Viele Fälle passieren in der Filmbranche. Im Fußball wurden zwar weniger Fälle bekannt, dennoch braucht es ein Umdenken. Von Samira Samii

Sportmanagerin & Rund-Kolumnistin Samira Samii

Sportmanagerin und Rund-Kolumnistin Samira Samii

Die Welle der Skandale von sexuellen Belästigungen begann im Oktober 2017 mit dem Filmproduzenten Harvey Weinstein. Seitdem ist die Liste der Beschuldigten von Tag zu Tag länger geworden. Die Folgen aus diesen Fällen sind sehr unterschiedlich. Während es in der Entertainmentbranche Konsequenzen gab, blieben die meisten beschuldigten US-Politiker bisher im Amt, verschont von Wählern und Parteifreunden. Aber immerhin haben die Enthüllungen längst überfällige Diskussionen ausgelöst und waren selbst bei den US-Präsidentschaftswahlen ein Thema. Zumal Donald Trump selbst der sexuellen Übergriffe beschuldigt und dann doch zum Präsidenten gewählt wurde.

Auch die deutsche Filmbranche blieb nicht verschont und mittlerweile gibt es auch hier unzählige Beispiele. Nach dem Skandal um den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein hat die deutsche Schauspielerin Nina Brandhoff das Ausmaß von sexueller Belästigung in der deutschen Filmbranche deutlich gemacht. Sie schätzt die meisten ihrer Kollegen sehr. Jedoch berichtete sie in aller Öffentlichkeit auch darüber, dass es leider auch Kollegen, Hauptdarsteller und Regisseure gibt, die ihren Status ausnutzen. Einer habe ihr während einer Drehpause einfach das T-Shirt hochgezogen, um drunter zu schauen. Einer anderen Kollegin steckte er einfach seine Zunge ins Ohr. Dieser Typ belästigt fast jede Frau am Set. Alle sehen es und bekommen es mit. Aber keiner sagt etwas, dazu ist er für die Serie zu wichtig. Brandhoff gab erst kürzlich in einem Interview bekannt, dass sie von einem Regisseur den Satz zu hören bekommen hat: „Ich würde jetzt gern deine Brüste aus deinem Ausschnitt holen und daran herumspielen.“

Nach dem Bekanntwerden der sexuellen Belästigung in Hollywood und die immer stärker werdenden MeToo-Bewegung kommen immer mehr Tatsachen an das Licht. Auch im Alltag in normalen Jobs werden immer mehr Belästigungen bekannt. Mehr als die Hälfte aller Beschäftigten in Deutschland hat sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz schon einmal erlebt oder beobachtet. Mit einer Umarmung vom Chef oder einem täglichen Guten-Morgen-Küsschen zur Begrüßung fängt es oft an. Eine Hand streift den Po oder die Brüste und die Berührungen steigern sich. Schließlich erwartet der Chef, dass die junge Mitarbeiterin bei einer Geschäftsreise bei ihm im Bett schläft und mit ihm Sex hat.

Gibt es das auch im Fußball?

Der bekannteste Fall in Deutschland war die Affäre zwischen dem Schiedsrichtersprecher Amerell und seinem Schützling Kempter, der einen der größten Skandale der deutschen Fußballgeschichte auslöste. Der frühere Bundesliga-Schiedsrichter Michael Kempter bedauert sein Verhalten gegenüber dem ehemaligen Funktionär Manfred Amerell noch heute und hatte mehrfach beteuert, „Ich hätte ihm die Rote Karte zeigen müssen. Aber ich wollte meine Karriere nicht gefährden, das war ein Fehler“. Im internationalen Fußball gibt es ebenfalls ein prominentes Beispiel auf höchster Ebene. Die amerikanische Fußballerin Hope Solo hat dem ehemaligen Fifa-Präsidenten Sepp Blatter vorgeworfen, sie am Po begrapscht zu haben. Sie sagte es der Zeitung „Expresso“ in einem Interview sehr plakativ: „Sepp Blatter hat mir an den Arsch gefasst“. Der Vorfall habe sich bei der Ballon-d’Or-Gala 2013 in Zürich ereignet, bevor sie mit Blatter auf die Bühne gegangen sei.

Eigentlich sollte es eine ganz normal live TV-Schaltung werden, wie es sie so oft nach wichtigen Sportereignissen gibt. Eine Reporterin umgeben von frenetisch jubelnden Fans in den Straßen. Ein bisschen Geschrei, ein bisschen Getümmel, ein bisschen Jubel und viele Emotionen. Doch die Schalte der mexikanischen TV-Reporterin Maria Fernanda Mora endete ganz anders, als man erwarten würde. Nachdem sich die jubelnden Männer von hinten ganz nah an Mora herandrängen, dreht sich die junge Frau um und greift einen von ihnen mit ihrem Mikrofon an. Sie wirft ihm noch ein paar unverständliche Sätze an den Kopf und gestikuliert wild und sehr erregt. Der Mann weicht zurück, macht eine abfällige Handbewegung und verschwindet aus dem Bild. Seine Kameraden schauen die Reporterin verwirrt an. Aber was war geschehen? Wie Mora später auf Twitter selbst aufklärte, sei sie von den Männern „mehrfach betatscht“ worden und hatte keine Lust mehr, das einfach so hinzunehmen. Im Netz erfährt Mora für ihre Vorgehen viel Zuspruch. Das Video der Situation macht aktuell die Runde.

Fußball ist ein Männersport, aber immer mehr Frauen entdecken den Fußball für sich. Es gibt weibliche Fans, Betreuerinnen, Assistentinnen und sogar eine Sportdirektorin gab es schon mal und auch mich, die einzige weibliche Sportmanagerin in der Bundesliga. Frauen sollten in keiner Branche und von keinem Chef oder Auftraggeber sexuell belästigt oder genötigt werden. Dafür appelliere ich an alle Fans, Spieler, Trainer und Funktionäre. Der Fußball ist schönste Nebensache der Welt, lasst ihn uns gemeinsam feiern und fair miteinander umgehen.

Online
Quelle: Rund- Das Fußballmagazin/ 24.09.2018

 

 

This post is also available in: Englisch