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Matthäus vs. Podolski – The Rumble in the Internet-Jungle
Das Winter-Loch wird in den Medien mit einer Twitter-Diskussion zwischen zwei Weltmeistern gefüllt. Völlig überflüssig, findet RUND-Kolumnistin Samira Samii

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Wir schreiben den 5. Januar 2015 und es ist Winterpause in den meisten europäischen Top-Ligen. Seit Weihnachten gibt es in Deutschland keinen professionellen Fußball und das nächste Bundesligaspiel ist erst wieder am 30. Januar. Die Transferperiode hat am 1. Januar begonnen und dauert bis zum 31. Januar. Es ist also Hochsaison für Sportdirektoren, Manager und Spielerberater, nur Fans und Medien kommen derzeit nicht auf ihre Kosten: Winterloch! – Da kommt der „Rumble in the Internet-Jungle“ zwischen den Weltmeistern Matthäus und Podolski gerade recht.

Lothar Matthäus hatte Lukas Podolski am Samstag im Bezahlsender Sky stark attackiert und mangelnde Fokussierung vorgeworfen.  „Er twittert mehr, als er spielt“, sagte der letzte deutsche Weltfußballer: „Er sollte sich mehr auf Fußball konzentrieren.“ Im „Express“ setzte Matthäus am Sonntag noch Einen drauf. „Ich finde: Twitter ist sexy, aber er sollte mehr Fußball spielen als twittern. Durch seine Reaktion hat er das jetzt ja wieder bestätigt“, sagte Matthäus: „Er ist nicht fokussiert. Dabei hat er jetzt eine große Aufgabe vor sich, für die ich ihm alles Gute wünsche.“
Sportlich gesehen sieht Matthäus den Wechsel des früheren Kölners vom FC Arsenal nach Mailand als Abstieg. „Die italienische Liga hat an Glanz verloren. Viele Skandale, keine Infrastrukturen mehr“, sagte Matthäus: „Teams wie Inter oder AC, die in den 90er-Jahren Fußballgeschichte geschrieben haben – mit Stars wie Gullit, van Basten, Hansi Müller oder Karl-Heinz Rummenigge – die haben an Glanz verloren, an Attraktivität verloren. Deswegen spielen die Topspieler nicht mehr in Italien, sondern in Deutschland, England und Spanien.“ Matthäus glaubt allerdings daran, dass Podolski als Königstransfer bei Inter wieder zur Stammkraft wird. Mailand steht zur Zeit nicht so gut in der Tabelle, deswegen glaubt Matthäus fest daran, dass Poldi seine Einsatzzeiten bekommt und dann wieder zeigen kann was er kann.

Lukas Podolski

Am Boxing Day trug er noch im Trainingsanzug von Arsenal: Lukas Podolski, der an Inter Mailand verliehen werden soll. Foto: Pixathlon

Podolski seinerseits war am vergangenen Freitag am Mailänder Flughafen gelandet, hatte am Samstagvormittag den Medizincheck absolviert und sich noch am Nachmittag mit Inter-Trainer Roberto Mancini getroffen. Die letzten Details des Leih-Vertrages müssen allerdings zwischen Inter und Arsenal noch geklärt werden, schreibt die „Gazzetta dello Sport“, deswegen soll die Vertragsunterzeichnung erst am Montag erfolgen. Trotz des Transferstress hat sich Podolski via Twitter gegen die Kritik des Rekord-Nationalspielers gewehrt. „Ich finde es schon sehr amüsant, dass ausgerechnet Matthäus mir Tipps gibt, wie ich mich verhalten soll“, schrieb Podolski und garnierte seine Nachricht mit den Hashtags „Erfolgscoach“, „Greenkeeper“ und einem Herz, das von einem Pfeil durchbohrt wird (eine Andeutung auf Matthäus‘ wechselnde Ehefrauen?).

In einer äußerst ruhigen Zeit nutzen die Medien jeden auch noch so kleinen Funken um ein Mediales Inferno zu entfachen. Andererseits kämpfen hier zwei, der erfolgreichsten Deutschen Fußballspieler eine mediale Schlacht wie, Boris Becker vs. Oliver Pocher oder Ali vs. Frazier im legendären „Rumble in the Jungle“. Meiner Meinung nach sollte Lothar Matthäus mit seinen öffentlichen Ratschlägen sparsamer umgehen, denn gerade er ist nach seiner aktiven Karriere nicht unbedingt durch seine Erfolge aufgefallen, sondern eher durch öffentliche Liebschaften und diverse Ehen. Seine Experten-Kommentare bei Sky sind ansonsten perfekt und kompetent und gehören zum besten dieser Art im deutschen Fernsehen.

Andererseits sollte Lukas Podolski sich tatsächlich voll auf seine Karriere konzentrieren. Mit 29 Jahren und 47 Toren in 121 Länderspielen gehört Podolski zu den Besten und Erfolgreichsten unseres Landes und könnte vielleicht sogar noch Lothar Matthäus als Rekord-Nationalspieler (148 Länderspiele) ablösen. Natürlich hat Matthäus Recht, wenn er sagt Podolski sollte sich mehr auf seine Karriere konzentrieren, denn trotz seines großen Talents konnte er sich nie bei einem großen Verein durchsetzen. Weder bei den Bayern, noch bei Arsenal konnte sich Podolski dauerhaft in der Stammformation halten. In der Nationalmannschaft hat er in Person von Joachim Löw einen großen Fürsprecher und hier ist es auch wo er sich als Spieler immer wohlgefühlt hat, egal wie es gerade im Verein lief.

Als Sportmanagerin und Spielerberaterin rate ich meinen jungen Spielern, sich voll und ganz auf ihre Karriere zu fokussieren. Selbst Megatalente wie ein Messi oder Cristiano Ronaldo arbeiten voll fokussiert an ihren Karrieren. Erst dann sollten die Jungstars an soziale Netzwerke, das Internet, an tolle Autos oder ausgedehnte Shoppingtouren denken. Für das neue Jahr 2015 wünsche ich mir, dass sich keine namhaften und erfolgreiche Personen des öffentlichen Lebens auf Schlammschlachten im Internet herablassen und dass Lukas Podolski sich in Mailand durchsetzt und zu alter Stärke findet. Für Lothar Matthäus wünsche ich mir, dass er glücklich wird mit seiner jungen Familie und seinem Job.

Quelle: Rund-Das Fußballmagazin/05.01.15
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