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„Ich bin eine Kämpferin“
Samira Samii, ist Spielerberaterin, Sportmanagerin – und die einzige Frau, die in der Männerwelt des deutschen Profifußballs mitmischt.

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Samira Samii mit dem Fußball-Weltmeister Klaus Augenthaler. (Foto: Sportives)

Samira, Sie sind in Deutschland die einzige Frau, die in der Männerwelt des Profifußball als Spielerberaterin und Sportmanagerin tätig ist. Wie gehen die Geschäfte?

Gut, ich bin sehr zufrieden. Diese Tätigkeit umfasst ja mehrere Geschäftsfelder. Als Spielerberaterin und Sport-Managerin versuche ich, Spieler in jungen Jahren zu unterstützen um mit ihnen intensiv an ihrer Karriere zu arbeiten. Dabei wollen wir die Stärken der Spieler optimieren und die Schwächen minimieren und sie an den Profi-Sport heranführen. Dabei arbeite ich dort, wo viele Fans gerne sein würden, treffe viele interessante Menschen.

Aber natürlich ist dieser Beruf auch stressig. Ich muss viel reisen, rund um die Uhr erreichbar und immer up-to-date sein. Das gilt besonders für die Transferperioden im Sommer und im Winter, mitten in der Haupturlaubszeit. In diesen Monaten muss ich die ganze Zeit arbeiten, aber ich mache das gerne. Der Stress ist für mich positiver Stress. Kurz vor und während der Transferphase wird es oft hektisch, weil stündlich viel passiert. Trotzdem gilt es kühlen Kopf zu bewahren, um die Spielerkarrieren erfolgreich zu managen.

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Lady bei den Reds: Spielerberaterin Samira Samii im Hauptquartier des FC Bayern München. (Foto: Sportives)

Sie müssen also gleichzeitig Psychologin, Vertragsanwältin und Kindermädchen sein?

Es ist ein vielseitigeres Aufgabengebiet: Es geht um die Abwicklung von Spielertransfers, die rechtliche Betreuung und die Karriereplanung. Du musst dich trauen, deinen Spielern zu widersprechen, sie auf den Boden der Tatsachen zurückholen, wenn sie die Bodenhaftung verlieren. Wichtig ist das ehrliche Umgehen untereinander. Dass man auch einem Spieler sagt, dass er zum Profi nicht taugt und dass er einen anderen Weg einschlagen muss. Ich sage zu meinen Spielern immer, dass sie es bis zum 23. Lebensjahr geschafft haben müssen, ansonsten muss man zweigleisig fahren und schauen, dass der Spieler studiert oder eine Ausbildung macht.

Unsere Aufgaben reichen aber auch von der PR- und Marketingberatung bis hin zur Organisation des Alltagslebens meiner Mandanten. Ich betreue nicht nur aktuell aktive Profis, sondern in anderen Bereichen, zum Beispiel in Bezug auf Werbeaufträge, auch ehemalige Profis. Ich versuche immer das Bestmögliche für meine Mandanten herauszuholen. Egal, ob es um die Verträge geht oder um Marketing-, Sponsoring- und Werbe-Aufträge. Das Ganze hat nicht immer nur mit Geld zu tun, sondern auch mit dem persönlichen Glück meiner Mandanten.

Das Wichtigste zwischen einem Profifußballer und mir und meinem Team ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, sodass sich der Spieler immer gut aufgehoben fühlt. Es ist eine Kunst, die richtige Balance zwischen den Geschäftspartnern und Mandanten sowie zwischen Nähe und Distanz zu finden. Nicht zu vergessen ist auch die persönliche Unterstützung: Wenn ein Spieler beispielsweise aus dem Ausland nach Deutschland wechselt, kümmere ich mich um seine Familie und um die Organisation des Alltagslebens, damit er sich auf seine Aufgaben und auf seine Leistungen konzentrieren kann. Hans Meyer…

Der frühere Trainer von Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Nürnberg …

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Glück im Spiel: Samira Samii steuert ihre Geschäfte aus Monaco und München. (Foto: Sportives)

…hat mir einmal gesagt: „Samira, wenn ein Spieler den Kopf frei hat, kann er sich am besten konzentrieren und die beste Leistung im Training und im Spiel abrufen“, und damit hat er recht. Die von uns betreuten Spieler sollen, wenn sie abends ins Bett gehen, beruhigt mit dem Gedanken einschlafen können, dass alles außerhalb des Fußballplatzes von uns zu ihrer vollsten Zufriedenheit geregelt wird. Nur bei einer umfassenden Betreuung kann eine optimale Leistungsfähigkeit des Spielers erreicht werden.

Wie weit geht denn die persönliche Betreuung?

Ich bin in allen Lebenslagen für meine Spieler da. Meine Spieler sollen glücklich sein, jedoch sollte die sportliche Perspektive auch stimmen. Zusammen mit meinen Scouts bin ich jedes Wochenende im Stadion, um Präsenz zu zeigen, Spieler zu beobachten und um zu schauen, welchen Bedarf die Clubs haben. Es kommt oft auf den richtigen Moment an. Ein seriöser Berater pflegt sein Netzwerk und weiß früh genug, welche Positionen bei den Vereinen neu besetzt werden müssen.

Auch ich habe gewisse Erwartungen an meine Klienten und setze deshalb Kritikfähigkeit, Ehrlichkeit und absoluten Leistungswillen voraus. Aus meiner Sicht sind das die Grundlagen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Der Ruf der Branche ist für mich nebensächlich, da ich keinerlei Einfluss habe auf die Arbeitsweise anderer Berater. Stattdessen versuche ich mit meiner Philosophie den Spielern langfristig zu helfen.

Eine gute Beobachtungsgabe ist sehr wichtig, um Vereine einschätzen zu können und die Stärken sowie Schwächen der Mannschaften beurteilen zu können. Vor allem aber dreht sich alles um die Rundum-Betreuung der Spieler. Ein Spieler, der vor drei Tagen noch nicht gewusst hat, dass er morgen in einem ganz anderen Land ist, hat keine Zeit, seine Sachen zu ordnen. Wir machen hier einen Rundumservice, der 24 Stunden an 365 Tagen im Jahr da ist, sodass sich der Spieler voll und ganz auf seinen Sport konzentrieren kann.

Der Profifußball gilt als letzte Männer-Domäne, als ausgesprochene Macho-Branche. Wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, ausgerechnet hier tätig zu werden?

Der Fußball mit seinen extremen Emotionen begeistert mich schon seit Kindesalter. Die Emotionen der Spieler, der Trainer, der Verantwortlichen und der Fans. Für mich ist das das Höchste. Sie sind unabhängig von Bildung, vom gesellschaftlichen Status und von Geld. Ich mag diese Momente, in denen man die Freude mit der eigenen Mannschaft teilt. In diesem kurzen Moment sind alle Menschen auf der gleichen Ebene und es zählt nur die eigene Mannschaft. Das gefällt mir am Fußball.

Auf der anderen Seite ist mein Vater einer der bekanntesten Augenchirurgen und es wurden immer schon viele Fußballstars in seiner Augenklinik behandelt. Dadurch habe ich schon früh viele dieser Spieler persönlich kennengelernt zu welchen wir heute noch guten Kontakt haben. Einer von ihnen ist die iranische Fußball-Legende Ali Daei, der unter anderem beim FC Bayern München gespielt hat. Für mich ist er wie ein Bruder und ich schätze ihn als Mensch und Fußball-Fachmann sehr.

Eigentlich hat alles während der WM 2006, beim Spiel Deutschland gegen Italien angefangen. Das habe ich im Fernsehen gesehen und gemeint: „Das gibt’s gar nicht. Es gibt keine einzige Frau in dieser Branche.“ Ich habe schließlich beschlossen, es zu versuchen, und es war für mich ein wichtiger Schritt, um dem Fußball näher kennenzulernen.

Lassen die Männer Sie denn zum Zuge kommen?

Ich bin eine Kämpferin und lasse mich von niemandem aufhalten. Ich gehe meinen Weg, bin sehr zielstrebig und bleibe dabei aber immer fair. Für mich zählt der Erfolg. Egal wie viele Steine im Weg stehen, ich werde sie mit meinen High-Heels wegräumen und den Weg frei machen.

Natürlich haben viele Männer Angst vor starken Frauen und dies gilt natürlich ganz besonders im Fußball-Business. Ich bin nicht so schüchtern und frage wann ich zum Zug komme, sondern ich kämpfe darum und manchmal lasse ich auch großzügiger Weise Männer zum Zug kommen. Fußball ist eine Machowelt und es geht immer auch um Macht!

Wie gut muss sich eine Spielerberaterin im Fußball auskennen? Muss man die Abseitsregeln draufhaben?

Als Frau in einer Männerdomäne benötigt man ein fundiertes Fachwissen, man sollte diszipliniert sein, selbstbewusst auftreten, seriös und transparent arbeiten. Ich habe alles von der Pike auf gelernt. Am Anfang meiner Karriere werden einer schicken jungen Frau und angehenden Beraterin natürlich Fangfragen, wie die Abseitsregeln gestellt.

In diesen Momenten muss man selbstbewusst und kompetent reagieren und sich nicht einschüchtern lassen. Dann hat man gewonnen. Heute gibt es vereinzelt noch immer Macho-Sprüche, aber ich habe es gelernt, diese zu ignorieren. Was wichtig ist als Frau: Man muss sich seinen Respekt mit Ausdauer und Wissen hart erarbeiten.

Beziehungen und Kontakte sind immer wichtig. Zudem sollte man eine gute Netzwerkerin sein und seine Kontakte regelmäßig pflegen. Letztendlich geht es aber darum, wie gut das Produkt ist und wie sich das Produkt präsentiert. Der Verein soll die Qualität des Spielers bewerten und davon überzeugt sein, dass er alles mitbringt, um den Verein weiterzubringen.

Welche Fußballer beraten Sie?

Mein Team und ich kooperieren mit vielen nationalen und internationalen Fußball-Profis, welche wir während und nach ihren Karrieren betreuen. Unser Spielerportfolio reicht dabei von jungen, hoffnungsvollen Talenten, über aktuelle Bundesliga-Stars bis hin zu Weltmeistern, welche wir auch nach ihren Karrieren im Bereich Marketing und PR betreuen. Meine Philosophie ist, dass ich mich nicht mit den Namen meiner Mandanten schmücken möchte.

Unsere Leser würden aber schon gerne Namen wissen wollen.

Kein Spielerberater auf der Welt startet sein Geschäft mit Spielern, wie Messi, Ronaldo oder Ribery. Alles braucht seine Zeit, um ein entsprechendes Netzwerk und Spielerportfolio aufzubauen. Es ist wie in jeder anderen Branche auch. Kollegen unserer Klienten sehen und bewerten unsere Arbeit. Mit der Zeit lernt man sich kennen und kommt ins Gespräch.

Der Profifußball gilt als ausgesprochen hartes Geschäft. Da wird gefeilscht, gepokert, mitunter nahezu erpresst. Machen Sie das genau das, wie Ihre männlichen Kollegen?

Ich bin privat und geschäftlich stets offen, ehrlich und sehr direkt. Das schätzen meine Mandanten, Kunden und Funktionäre besonders an mir. Ich komme sehr schnell auf den Punkt und mache wenig Spaß. Und wie in der freien Wirtschaft gelten auch hier die grundlegenden Gesetzte Angebot und Nachfrage sowie ehrlich währt am Längsten. Damit meine ich, dass die hohen Preise einzig und allein durch Angebot und Nachfrage entstehen und, dass man ehrlich sein muss wenn man langfristig erfolgreich sein will.

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Handspiel! Samira Samii hat eine Faible für Fußball und elegante Mode. (Foto: Sportives)

Ich vergleiche das Transfergeschäft gerne mit dem Autohandel. Wenn jemand sein altes Auto verkaufen will, würde er sicher nicht sagen, dass er das Geld braucht und eigentlich nicht mehr viel Interesse an dem Wagen hat. Man verschweigt seine Absichten, um den Preis nicht zu drücken. Genauso agieren viele Vereine und Berater. Wer offen zugibt, dass er einen Spieler abgeben möchte, zerstört damit seinen Marktwert. Das können bei Topspielern schnell ein paar Millionen sein.

Was machen Sie anders als die Männer?

Was ich als Frau anders mache? Im Prinzip machen meine männlichen Kollegen und ich natürlich den gleichen Job. Und wir benötigen gewisse tools und skills um unseren Leistung zu erbringen, aber der Unterschied ist in den Soft-Skills auf emotionaler Ebene.

Einige meiner männlichen Kollegen vermitteln Spieler, und wenn der Deal gelaufen ist, lassen sie die Spieler oft mit ihren Problemen allein. Vielleicht ist genau an diesem Punkt der größte Unterschied. Ich denke, wenn die Spieler mit ihrer Partnerin, ihrem Trainer oder Kollegen Probleme haben, sprechen sie mit mir als Frau eher darüber. Und ich versuche dann, die Dinge mit viel Fingerspitzengefühl für sie zu regeln.

Manchmal kann ich nicht nur zielstrebige Geschäftsfrau sein, manchmal ist auch die mütterliche Beraterin gefragt. Etwa dann, wenn junge Spieler aus dem Ausland nach Deutschland kommen, eine bis dato fremde Kultur kennenlernen, die Familie zurücklassen, eine Wohnung suchen und sich um Versicherungen kümmern müssen. Ich versuche Rückhalt zu sein und bin Tag und Nacht erreichbar.

Bei Verhandlungen hingegen verstehe ich überhaupt keinen Spaß – ich glaube, ich bin viel härter als meine männlichen Kollegen. Es gibt im Fußball ja nicht nur Beckhams und Beckenbauers, die lebenslang ausgesorgt haben. Viele müssen mit dem zurechtkommen, was sie in jungen Jahren verdienen. Und ich sorge dafür, dass sie gute Deals erhalten.

Sie präsentieren sich gerne ausgesprochen feminin und elegant. Fühlen Sie sich unter schwitzenden Männern in kurzen Hosen überhaupt wohl?

Ich habe es bereits in meiner Kindheit gelernt, wie man sich anzieht. In meinen Augen gehört es für eine Geschäftsfrau dazu, sich gut und elegant zu kleiden. Meiner Meinung nach gehören ein gepflegtes, klassisches Outfit und ein selbstbewusstes Auftreten zu einer Business-Lady.

Dies ist auch ein Zeichen für Ehrlichkeit, Disziplin, Professionalität und Respekt. Das ist meine persönliche Einstellung und mein Charakter und ich mache meinen Job höchstprofessionell und dabei spielt es keine Rolle, was ich trage oder ob meine Mandanten kurze Hose tragen. Ebenso spielt es keine Rolle ob ein Spieler im Training oder Spiel schwitzt oder kurze Zeit später nach Tom Ford Parfum duftet.

Das Wichtigste für mich ist, dass ein Spieler die Qualität, den Willen und das Talent mitbringt. Bringt mein Spieler diese Eigenschaften mit fühle ich mich sehr wohl. Leider haben viel Menschen immer wieder Probleme mit der Darstellung von starker Weiblichkeit und Schönheit gepaart mit Intelligenz.

Empfinden Sie sich auch als Rollenmodell für mehr Gleichberechtigung der Frauen in der Arbeitswelt?

Im Fußball vermisst man oft die Gleichberechtigung. Auch oft diskutierte Frauenquoten, wie wir sie aus der Politik und anderen Branchen kennen gibt es nicht. Als Frau muss man in dieser Branche immer besser sein als Männer, um ernst genommen zu werden. Ich würde behaupten, in harten Verhandlungen eine stärkere Position einzunehmen als viele meiner männlichen Kollegen. Mit einem Rollenmodell hat das überhaupt nichts zu tun. Letztlich kämpft jeder für sich allein.

Auf der anderen Seite hat man aber als Frau auch Vorteile. Mit weiblichem Charme und Seriosität kann man angespannte Situationen auflockern und so zum Erfolg zu kommen. Ohne das nötige Know-How bringt so was aber natürlich nichts, deshalb lege ich größten Wert auf Fachwissen, Kompetenz und Professionalität.

Quelle: BILANZ/Arno Balzer/23.12.2016
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