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„Du bist doch selber schuld, dass der Deal geplatzt ist“

Sexuelle Belästigungen gab es nicht nur in der Silvesternacht in Köln, sondern es gibt sie auch in der Fußball-Bundesliga. Als Sportmanagerin habe ich unzählige anrüchige SMS und E-Mails bekommen. Meine Persönlichkeit werde ich dennoch nicht ändern. Von Samira Samii.

Samira Samii-SportmanagerinLiebe Leserinnen, liebe Leser,

nach der Silvesternacht in Köln scheint mir ein kleiner Zwischenruf nötig. Es sind bei weitem nicht nur Araber und Nordafrikaner, die Frauen belästigt haben, sondern es gibt sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz und in der Fußball-Bundesliga.

Anzügliche Blicke und plumpe Bemerkungen, Whatsapp-Nachrichten und E-Mails. Mehr als jede zweite Frau hat schon Erfahrungen mit sexueller Belästigung gemacht. Am Arbeitsplatz fällt es besonders schwer, sich dagegen zu wehren. Häufig wird eine einflussreiche Position ausgenutzt um sexuelle Belästigungen auszuüben, zu provozieren oder sogar zu rechtfertigen. Der Chef oder Vorgesetzte nutz seine Macht für Sexspielchen aus und weiß, dass die Assistentin aus Scham und Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes nie darüber sprechen wird.

Ein ganz besonderer Fall ist die klassische Männerdomäne, Fußball. Vor allem im Fußball ist die Gleichberechtigung noch fern. Ferner als Arabien oder Nordafrika. Sogar in der Bundesliga, einer der Top-Ligen der Welt ist diese veraltete Denkweise noch weit verbreitet und die Beteiligten nutzen nicht selten ihre Macht um Druck auszuüben und Ihre Bedürfnisse zu befriedigen.

Vor einiger Zeit ging eine traurige Geschichte durch die Boulevardblätter „Belästigung im Fußball: Der zerstörte Lebenstraum“. Ein hochtalentierter junger Spieler ist auf dem besten Weg zum Fußballprofi, spielt in der Zweiten Bundesliga und hört von einem Tag auf den anderen auf zu spielen und beendet seine Karriere noch vor seinem zwanzigsten Geburtstag. Was war passiert? Die Mutter findet über hundert SMS seines Trainers, der ihren Sohn offenbar über Jahre sexuell belästigte. Der Verein trennt sich vom Coach, aber der Lebenstraum des Spielers ist zerstört. In einer SMS war zu lesen:

„Tut mir leid das ich dir das zugemutet habe. Aber auf einer alten Jacht lernt man segeln.“

Ein weiteres prominentes Beispiel ist die belgische TV-Schönheit Hilde van Malderen, die zahlreiche versaute SMS der Fußball-Stars erhalten hat und sexuell belästigt wurde. Geht es nach der Belgierin gilt zumindest in Belgien „Männer sind Schweine – und Fußballer sowieso!“ Sie hat ihre Erfahrungen in der von Männern dominierten Fußball-Welt in einem Buch („Speel Goed“) aufgeschrieben. Sie ist blond und hübsch, und wurde durch viele anzügliche SMS sexuell belästigt:

Ein Spieler: „Dienstag im Flughafen. Toilette. Wir zwei. Bist du bereit?“

Ein Journalisten-Kollege schickte ihr ein Penis-Bild von sich: „Schau, wie sehr du mir gefällst.“

In diesen Tagen werde ich auch an meine eigene Karriere erinnert. Wie alles begann und was ich in all den Jahren erleben durfte. Ich hatte viele Erfolgserlebnisse und auch einige Rückschläge und immer wieder gab es auch Spieler, Trainer und Funktionäre die ein Geschäft an „Nebenleistungen“ koppeln wollten. Als Sportmanagerin und Spielerberaterin gab es häufig unmoralische Angebote, auf die ich nie eingegangen bin. Für mich war vom ersten Tag an klar: „Beruf ist Beruf und Privat ist Privat!“

Ich wollte von Anfang an meine Karriere auf mein Wissen, meine Ausbildung und meine Erziehung aufbauen und deswegen war für mich die „Bewerbungs-Couch“ stets tabu. Oft ist mir deswegen ein Geschäft oder ein Transfer geplatzt. Aber mein Stolz und meine Selbstachtung war mir immer wichtiger als jedes Geschäft. Als Sportmanagerin haben mich unzählige anrüchige SMS oder E-Mails erreicht. Nicht selten waren Leistungen an Gegenleistungen gekoppelt:

Ein Sportdirektor: „Ich möchte Champagner aus deinem Bauchnabel trinken und dabei können wir über deine Spieler sprechen!“

Ein Ex-Nationalspieler: „Am Samstag fahre ich nach Verona kommst du mit?“ – „Schade, dass du nicht antwortest, du Schöne!“

Antwort eines TV-Experten und ehemaligen Superstars auf ein Marketingangebot: „Langweile mich nicht mit deinem Angebot aber vielleicht kann ich dich anderweitig befriedigen!“

Ein Trainer auf die Rückfrage eines Spielerangebots: „Du bist doch selber schuld, dass der Deal geplatzt ist. Du bist doch gestern nicht in mein Hotelzimmer gekommen.“

Ein Chef-Scout: „Die Videos von deinen Spielern anzuschauen ist jetzt langweilig. Jetzt würde ich gerne interessantere Sachen anschauen, wie deine Beine und deinen schönen Körper, der mich geil macht.“

Für mich steht trotz dieser widerlichen SMS und E-Mails eines fest: Ich werde nie meine Persönlichkeit ändern, nur weil sich einige Herren nicht im Griff haben. Für mich gehört es dazu, dass ich mich elegant kleide und ich weiß, dass Männer mich attraktiv finden. Aber ich werde mir keine Maske aufsetzen, bloß um nicht mehr belästigt zu werden. Warum denken namhafte Profis, Fußballstars und mächtige Fußballmanager, dass sie sich alles erlauben dürfen, und dass eine Frau in diesem Geschäft anscheinend überhaupt nichts zählt?

Quelle: Rund- Das Fußballmagazin/18.01.16
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