Ein Porsche löst eben keine Probleme
Lara kommt gerade aus einem Fünf-Sterne- Resort, Kurzferien mit dem Verlobten. Von ihrem Gehalt als Assistentin hätte sie sich das niemals leisten können. „Er verdient einfach so viel mehr als ich, mehr als das Zwanzigfache“, erzählt sie ohne Umschweife. „Ich kann noch nicht mal sagen: Lass mich ein Drittel zahlen. Das geht einfach nicht bei meinem Gehalt. Er zahlt alles, weil das für ihn selbstverständlich ist. Er lässt es mich nie spüren.“ Lara sagt, sie kenne Fußballer-Paare, da sei das anders. „Da kommen so blöde Sprüche wie: ‚Wer bringt denn hier die Kohle nach Hause?‘“ Nach der Formel: Geld gleich Macht. An Laras linker Hand glitzert der Verlobungsring im Wert eines Kleinwagens. Natürlich merkt sie im Alltag, dass ihr Freund eine Sonderrolle spielt. Bei der Bankfrau, die sich überschlägt, wenn er auftaucht. Bei der Wohnungssuche, wenn Markler sich reinhängen. Und wenn sie sich eine Vier-Zimmer-Wohnung mit begehbarem Kleiderschrank wünscht und ihr Freund nur „geht klar“ sagt. Das ist die eine Seite der Medaille. Ein Leben ohne finanzielle Sorgen, im luxuriösen Ambiente, viele Einladungen zu schicken Events. „Wir haben trotzdem oft falsche Vorstellungen von diesem Leben. Ein Burberry-Mantel heilt nicht alles“, sagt die Autorin und Wissenschaftlerin Christine Eisenbeis, die für ihr Buch „Im nächsten Leben werde ich Spielerfrau“ viele von ihnen interviewte. „Ein Porsche löst eben keine Probleme, die dieses Leben, bei dem sich alles um Erfolg, Training, Fitness dreht, mit sich bringt.“ Lara weiß, wovon die Autorin spricht: „Unser Lebenstil weckt oft Neid. Aber so einfach, wie es scheint, ist das nicht. Nur wenige sehen, dass wir unser Leben komplett nach den Männern, nach ihrem Job richten müssen. Die Familie, die Freunde, das ganze Leben wird um den Fußball herum geplant.“ Wenn sie am Wochenende zum Geburstag eingeladen ist, kann er nie mitkommen, der Rechtsverteidiger fährt dann zum Match. „Selbst bei Heimspielen schlafen sie schon freitags im Hotel.“ Der Sport steht für ihn eben immer an erster Stelle, sogar beim Sex. „Wir müssen darauf achten, dass er sich vor einem Spiel nicht auspowert.“ Liebe nach seinem Stundenplan. „Oder beim Essen! Ich koche leidenschaftlich gern, und er isst fast nichts davon, sondern immer das Gleiche: Kohlehydrate und dazu ein Stück Putenfleisch.“ Weil Lara in einer anderen Stadt arbeitet, fährt sie immer zu ihm, 70 Kilometer fast jeden Tag. Richtig bleibt dem Paar nur der Sonntag. „Gern würde ich etwas mit ihm unternehmen, aber dazu ist er oft viel zu erschöpft.“ Allein in der Wohnung fühlt sie sich oft einsam. „Zum Glück bin ich ein Mensch, der sich gut mit sich selbst beschäftigen kann.“
Samira Samii, kennt das Problem. Die elegante Deutsch-Iranerin arbeitet als Sportmanagerin und Spieleberaterin, betreut auch die Familien der Kicker. Gute Trainer legen darauf Wert, sagt sie, denn ein Spieler, der zuhause Stress hat, kann auf dem Platz nie hundert Prozent geben. Samira hat sich auf Profis aus dem Ausland spezialisiert, aus Südamerika, Asien, Afrika. „Sehr junge Frauen ziehen weit weg von ihrer Heimat, dem Mann hinterher. Sie sprechen die Sprache oft nicht, ihre eigene Karriere können sie nicht fortsetzen“, erzählt sie. Häufig hätten die Mädchen falsche Vorstellungen, sie träumten von einem Starleben und Glamour. Ein Spieler brauche dagegen jemanden, der uneingeschränkt für ihn da ist. Die Wärme einer Familie. Die Frau müsse das Alltagsleben allein managen und mit dem Auf und Ab der Karriere ihres Mannes auch noch klarkommen.
Welche Dramen sich hinter den Tribünen abspielen können, sah man 2011 in München: Da zündete Breno, FC-Bayern-Spieler aus Brasilien, seine Grünwalder Villa an, nachdem er seine Frau mit einem Messer bedroht hatte. Er war stark betrunken. Renata floh mit ihrem Sohn. Breno stand vor seiner vierten Knie-Operation, die Karriere war gefährdet, er kam damit nicht klar. „Es ist nicht leicht, mit einem Mann zusammen zu sein, dem 70000 Fans zujubeln“, sagte mal die englische Spielerfrau Lizzie Cundy, „denn daheim fallen die Spieler oft emotional in ein tiefes Loch.“
Managerin, Unterhalterin,
Therapeutin
Mit „Spice Girl“ Victoria Beckham hatte der große Hype um die hippen Spielerfrauen begonnen. Kennengelernt hatten sich der Popstar und das Fußballgenie bei einem Benefizspiel 1997. In England wurden die WAGS (Wives and Girlsfriends) zum geflügelten Begriff, es gibt eine WAG-TV-Show und eine Website, bei dem man sich für ein Fuß- baller-Date bewerben kann (Becomeawag.com). Längst interessiert man sich auch bei uns nicht mehr nur für Bastian Schweinsteigers Wade. Sondern auch die Frau an seiner Seite, natürlich ein Model. Sarah Brandner fand anfangs die gestiegene Aufmerksamkeit sehr befremdlich: „Ich habe doch gar nichts vollbracht …“ Vielleicht, so mutmaßt Expertin Christine Eisenbeis, passierte das alles, weil die Promi-Frauen bei weitem spektakulärer waren als die öden Statements der Vereine zu ihren Schützlingen. Die weibliche Bevölkerung, gerade als neue Zielgruppe entdeckt, interessierte der private Aspekt sowieso viel mehr.
Wo lernt man einen Profifußballer kennen? In angesagten Bars der Stadt, als Groupie am Trainingsgelände? Lara, die wie ihr Verlobter studiert hat – sie Sozialökonomie, er fürs Lehramt – hat ihn auf Facebook getroffen. Über Freunde. Das erste Date auf einer Party war nicht besonders aufregend. „Wir wollten nichts Festes. Erst beim zweiten Mal, als wir Zeit füreinander hatten, spazieren gingen und redeten, hat es gefunkt.“
Samira Samii teilt die Spielerfrauen heute in drei Kategorien ein. „Typ eins: Sie haben eine eigene Karriere, obwohl der Mann reich ist.“ Victoria Beckham gehört dazu, Sylvia Meis, ehemals van der Vaart, ebenso, in Deutschland noch Lena Gercke. „Typ zwei: Sie wollen im Windschatten ihres Mannes Karriere machen.“ Unter Verdacht: Oliver Kahns Ex Verena Kerth, die nach dem Beziehungaus andere berühmte Männer datete wie Veronika Ferres` Ex Martin Krug. Typ drei, sagt Samira, seien jene Frauen, die ein normales Leben führen, ihrem Mann den Rücken freihalten und dafür selbst zurückstecken. „Sie sind Managerin, Unterhalterin oder Therapeutin. Sie organisieren Haushalt und Umzüge, ziehen die Kinder groß“, sagt auch Christine Eisenbeis.
Lara träumt nicht davon, berühmt zu werden. Sie mag ihren Beruf. Sie weiß jedoch, dass sie ihn sofort aufgeben würde, falls ihr Liebster, mit dem sie sich Familie und Kinder gut vorstellen kann, zu einem Verein im Ausland transferieren würde. Sie kennt Spielerfrauen, die haben schon vier, fünf Wechsel mitgemacht. Und freunden sich oft gar nicht mehr mit anderen an, „weil es wehtut, wenn man wieder gehen muss.“ Überhaupt, die anderen Frauen. Manche sind nett. „Aber das Vertrauensverhältnis darf man nicht überbewerten. Niemals über Geld sprechen, habe ich gelernt. Es gibt Neid und viel Geheimnistuerei, weil nichts an die Öffentlichkeit darf. Und es gibt ganz klar eine Rangordnung: Je höher der Verein in der Tabelle, umso arroganter die Frauen.“
Die Coachs sehen es auf alle Fälle gern, wenn die Kicker in festen Beziehungen leben. Dabei, sagt Lara, gibt es jede Menge Fußballer, die ihre Frauen betrügen. „Ich muss mich da auf meinen Freund verlassen können. Er lässt sein Handy offen herumliegen und informiert mich immer, wo er gerade ist.“ Es ist eine Frage des gegenseitigen Vertrauens.Lara ist realistisch, sie kennt inzwischen die Schattenseiten dieses „Traumlebens“. Und hat sie akzeptiert. „Wir lieben uns wirklich. Aber ich weiß ganz genau: An erster Stelle steht bei ihm immer der Fußball. “
Quelle: freundin- Ausgabe: 02.07.14
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