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Beraterin im Interview – Viele können ihren Hals nicht vollkriegen!

Samira Samii

Samira Samii & Sebastian Wolff

Samira Samii berät Fußballprofis bei der Karriereplanung.

Zu ihren Klienten zählen Hertha-Profi Sami Allagui und der brasilianische Nationalspieler Adriano. Samira Samii berät Profi-Fußballspieler bei ihrer Karriereplanung. Ein Gespräch über Millionentransfers und schmutzige Tricks in einer Branche, die bislang eine reine Männerdomäne war.

Wenn ein Fußballspieler den Verein wechselt, werden oft Millionen als Ablösesumme gezahlt. Dabei kassieren nicht nur die abgebenden Vereine und die Spieler, sondern auch ihre Berater. Es ist ein extrem lukratives Geschäft, in dem häufig rücksichtslos und manchmal unfair agiert wird. Hunderte von Spielerberatern tummeln sich in diesem Haifischbecken.

Allein in Deutschland sind es über 140 – darunter nur eine einzige Frau: Samira Samii. Wer die schick gekleidete, zierliche gebürtige Iranerin zum ersten Mal sieht, würde sie eher für ein Model halten als für eine Managerin im Fußball-Geschäft. Doch ihr Äußeres täuscht. Wenn man sich mit ihr unterhält, stellt man schnell fest, dass Samira Samii eine starke Frau ist, die genau weiß, was sie will und der man zutraut, dass sie sich in harten Verhandlungen durchsetzen kann.

+++ Interview +++

Frau Samii, warum sind Sie Spielerberaterin geworden. Ist es das Geld?
Nein, das Geld spielt für mich keine große Rolle. Das sage ich nicht so dahin, ich meine das wirklich. Ich stamme aus einer sehr wohlhabenden, angesehenen Familie, mein Vater ist Augenchirurg und besitzt mehrere Kliniken.
Mir wurde immer jeder Wunsch von den Augen abgelesen. Ich musste nie arbeiten. Ich arbeite nicht für Geld, ich arbeite, weil es mir Spaß macht.

Was ist es dann?
Ehrlich gesagt, bis vor ein paar Jahren habe ich mich für Fußball nur als Sport interessiert, jedoch nicht als Beruf. Dabei bin ich immer wieder ganz eng mit dem Fußball in Berührung gekommen. So hatte ich schon früh Kontakt zu bekannten Spielern aus meiner Heimat, wie zum Beispiel den früheren Bayern- und Hertha-Spieler Ali Daei, der ein Patient meines Vaters war und heute noch ist. Und dann lernte ich 2005, als ich längst in Deutschland lebte, meinen Ex-Mann Mehdi Mahdavikia kennen, der damals für den Hamburger SV spielte. Natürlich habe ich in dieser Zeit mehr mit Fußball zu tun gehabt. Doch das eigentliche Aha-Erlebnis hatte ich irgendwann im Jahr 2006, als ich ein Spiel des AC Mailand sah. Plötzlich verstand ich, worum es im Fußball ging und welche Emotionen er hervorbringt.

Wurden Sie damals Mahdavikias Managerin?
Nein, privat ist privat, und ich trenne immer mein Privatleben von meinen Geschäften. Nach meiner Trennung habe ich mich dazu entschieden, in dieses Business einzusteigen. Angefangen habe ich als Marketing Managerin des FC Ingolstadt 04 (Regionalliga) und bei Arminia Hannover (Oberliga). Ich habe anfangs ganz gezielt kleine Brötchen gebacken, wollte den Beruf von der Pike auf lernen und hatte relativ schnell Erfolg.

Hat Ihnen das die Türen geöffnet?
Der Erfolg mit Arminia Hannover hat mir sehr viel Anerkennung in der Branche verschafft. Einige Vereine wollten mich sofort als PR-Beraterin engagieren und mehrere Spieler nahmen mit mir Kontakt auf, um von mir gemanagt zu werden. Dann ging alles ganz schnell. Heute besitze ich eine eigene Agentur und betreue dutzende Profi-Spieler. Nennen Sie doch bitte ein paar Namen.

Unter anderem manage ich den brasilianischen Nationalspieler Adriano. Außerdem bin ich PR-Beraterin für Sami Allagui von Hertha BSC und unterstütze die Vermarktung und das Sponsoring für die Stiftung von Per Mertesacker von Arsenal London. Darüber hinaus unterstütze ich Lothar Matthäus nach Absprache mit seinem Management bei Werbeverträgen und im sportlichen Bereich. Außer Allagui habe ich noch eine ganze Reihe weiterer Spieler aus dem arabischen Raum unter Vertrag, und ich habe auch schon so manche Spieler in arabische Länder vermittelt. Denn ich spreche mehrere Sprachen, und die Mentalität in diesen Ländern ähnelt sehr der in meiner Heimat. Ich weiß deshalb ganz gut, wie man mit diesen Leuten umspringt, ohne sie vor den Kopf zu stoßen.

Gab es am Anfang keine Vorbehalte gegen Sie? Immerhin war das Fußball-Geschäft vor Ihnen eine reine Männerdomäne. Und in den arabischen Ländern erst recht.
Natürlich gab es Vorbehalte, ganz massive sogar. Bei Verhandlungen über Spielertransfers dachten am Anfang manche, ich sei nur eine Begleitung des Spielers oder des Beraters. Aber dann haben alle schnell gemerkt, dass ich von dem Geschäft sehr viel verstehe. Das einzige was mir fehlte, war Fußball-Sachverstand, vor allem im taktischen Bereich. Was eine Doppelraute oder ein 4-4-2-System ist, war mir völlig fremd. Das habe ich mir dann aber auch noch alles angeeignet. Denn mir wurde klar, nur wenn ich auch beim Fußball mitreden kann, werde ich auch wirklich ernst genommen. Jetzt macht mir hier keiner mehr etwas vor.

Wie viel zahlen Ihnen die Spieler?
In der Regel möchte und bekomme ich von meinen Spielern kein Geld. Trotzdem bekommen alle meine Spieler auch eine Rundum-Versorgung: Das fängt damit an, dass ich ihnen bei der Wohnungssuche und bei der Auswahl des Kindergartens für den Nachwuchs helfe. Ich vermittle ihnen einen Sprachkurs und kümmere mich sogar um ihre Versicherungen. Ich sorge auch dafür, dass ihre Frauen sich wohlfühlen und frage regelmäßig nach, ob alles in Ordnung ist. Andere Berater sehen ihre Spieler nur ein Mal im Jahr und halten dann einfach die Hand auf.

Und wie viel verdienen Sie an Transfers?
Bei Transfers nehmen Spielerberater üblicherweise zehn Prozent eines Jahres-Gehalts pro Jahr der Vertragslaufzeit. Die zahlt aber in der Regel der Verein und nicht der Spieler. Bei den Millionensummen, die für Transfers heute üblich sind, hört sich das nach leicht verdientem Geld an. Wenn es gut läuft, kann es wirklich sehr schnell gehen, aber manchmal ziehen sich Verhandlungen über Monate hin. Dann muss ich zig-mal hin und herfliegen, da entstehen für mich ja dann auch hohe Kosten. Und es kommt vor, dass Verhandlungen am Ende scheitern. Dann bleibe ich auf meinen Spesen sitzen. Andere Spielerberater nehmen übrigens deutlich mehr.

Muss man in diesem Geschäft nicht ein bisschen der brutale Typ sein?
Oh, ich kann schon knallhart verhandeln, wenn Sie das meinen. Da haben sich so manche schon ganz schön gewundert. Aber mit unsauberen Tricks wie andere arbeite ich nicht, das habe ich nicht nötig.

Was meinen Sie mit unsauberen Tricks?
Viele Berater können ihren Hals einfach nicht voll kriegen. Die versuchen ihren Spielern ständig einzureden, dass sie von ihrem Verein schlecht behandelt werden und stacheln sie an, entweder mehr Geld zu fordern oder den Verein zu wechseln. Und das alles nur, um kräftig mit zu kassieren. Manche sprechen sogar gezielt Spieler an, die bei anderen Beratern unter Vertrag stehen und lassen sich für die Vermittlung an einen anderen Verein einfach in bar vom Spieler bezahlen. In diesem Business werden so hohe Summen bewegt, das lässt viele gierig und rücksichtlos werden. Manchmal sind es aber auch die Spieler, die die Berater ausspielen.

In welcher Form?
Einige beauftragen von sich aus gleich mehrere Berater mit der Suche nach einem neuen Verein, um ihre Chancen zu erhöhen. Mir ist schon passiert, dass ein Spieler einen Vertrag mit mir hatte und dann habe ich plötzlich erfahren, dass er bei einem anderen Verein unterschrieben hat. Das fand ich menschlich sehr enttäuschend.

Die Macht der Spielerberater soll inzwischen so groß sein, dass sie finanziell klammen Vereinen die Transferrechte an ihren Spielern abkaufen, um die Spieler dann selbst gewinnbringend zu veräußern. Stimmt das?
Ich habe davon gehört, aber mich persönlich interessiert das nicht.

Einige Spielerberater sollen sich zusammengetan haben und Fonds aufgelegt haben, mit denen sie die Transferrechte an den Spielern finanzieren. Damit sollen sie sich sogar direkt an Fußballclubs in mehreren Ländern und am Bau von Stadien beteiligen. Versuchen einige Berater da gerade, sich möglichst alles im Fußball unter den Nagel zu reißen?
Das mag sein, aber wie gesagt, das ist nicht mein Ding.

Und trotzdem wollen Sie in diesem Haifischbecken weitermachen?
Ja, und man muss immer früher an die Spieler herantreten, um vorne zu bleiben. Ich habe gerade einen erst Achtjährigen unter Vertrag genommen, Karim Barhoumi, der bei Ajax Amsterdam spielt. Den möchte ich in der neuen Saison zu Bayern München holen.

Könnten Sie sich auch vorstellen, einen Fußball-Verein zu managen?
Ja, warum denn nicht? Vielleicht wechsle ich einmal die Seiten und schütze einen großen Fußballverein vor der Ausbeutung durch die Spielerberater.

Das Gespräch führte Sebastian Wolff.
Quelle: Frankfurter Rundschau/ 23.03.13
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