Der Boom ist weiblich
Immer mehr Frauen kommen in die Fußballstadien, da ist es nur folgerichtig, dass mit Claudia Neumann nun eine Kommentatorin bei Männerspielen vom ZDF eingesetzt wird. Von Samira Samii.
ZDF-Reporterin Claudia Neumann hat als erste Frau bei einer Männer-Europameisterschaft live kommentiert. Neben dem altbekannten Paar, das im Studio aus Oliver Welke und Oliver Kahn gebildet wurde, gab es dabei auch eine bemerkenswerte Neuerung. Das ZDF überraschte Fußballdeutschland mit der ersten weiblichen Kommentatorin einer Männer-EM. Sportjournalistinnen dürfen zwar schon seit einigen Jahren nach dem Spiel Interviews führen und moderieren. Doch als Kommentatoren während der Live-Übertragungen kamen in der Vergangenheit ausschließlich Männer zum Einsatz. Mit dieser Tradition hat das ZDF nun gebrochen und damit auf eine immer stärker werdende Entwicklung reagiert. Immer mehr Frauen interessieren sich für Fußball, sehen die Spiele im TV und gehen in die Stadien.
In einer Studie von 2005 wurde ein durchschnittlicher Zuschaueranteil von 27 Prozent Frauen für die Bundesliga-Saison 2004/2005 ermittelt. Erst mit der WM 2006 drangen Frauen im Stadion nachhaltig ins Bewusstsein der Fußballfans. In keiner TV-Übertragung durften Bilder weiblicher Fans fehlen. Sie machten die WM nicht nur bunter, sondern das Turnier auch friedlicher. Das erkannte vor zehn Jahren auch die Deutsche Fußball-Liga: „Neu hinzugekommen ist seit 2006 die starke Faszination für Fußball durch Frauen“, heißt es in einem Bundesligareport. Frauen, so schreibt Medienforscher Jo Groebel, seien jedoch keineswegs „eine Zielgruppe für komplett übertragene, normale Fußballspiele, sondern vor allem für Zusammenschnitte in Magazinform mit viel Balldramatik und vielen Menschen – und Prominenten-Geschichten.“ Aus Marketingsicht war das die perfekte Lösung. Fußball ließ sich so leicht an die Frau bringen – ganz ohne Fußball.
In keiner europäischen Spielklasse sind die Stadien so voll wie in Deutschland. Ein Grund dafür ist, dass sich die Klubs immer neue Zielgruppen erschließen. Und in der Bundesliga macht sich noch ein Trend bemerkbar: Die Zahl der weiblichen Fans ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Die Lust an der Bundesliga ist groß und sie stellt einen Zuschauerrekord nach dem anderen auf. Dabei ist sie mit über 42.000 Zuschauern pro Spiel die mit Abstand zuschauerreichste Topliga der Welt.
Doch warum trotzt der deutsche Fußball allen Widrigkeiten, warum boomte die Liga auch zu Zeiten der weltweiten Wirtschaftskrise? Und warum kommen in Deutschland immer mehr Menschen in die Stadien, obwohl die Superstars der Branche ihr Geld doch weiterhin lieber in den Klubs in England, Spanien oder Italien verdienen? Laut Christian Seifert, dem Vorsitzendenden der DFL-Geschäftsführung ist das kein Zufall, sondern hat stabile und belastbare Gründe. Die Liga ist die ausgeglichenste in Europa, die Preise sind akzeptabel und der Stadionkomfort ist erheblich. Und genau mit diesem Komfort und den spannenden Spielen ziehen die Vereine neue Zuschauer an – Frauen! In einigen italienischen Stadien gibt es hingegen heute noch keine Damentoiletten.
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