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Die Fußballprinzessin
Porträt Wie die Deutsch-Iranerin Samira Samii in der männlichen Welt der Spielerberater und Sportmanager Karriere macht
Von Josef Karg

Samira Samii

Samira Samii & Per Meresacker

München Sie sieht aus wie eine Prinzessin aus Tausendundeiner Nacht: zierlich, hellbrauner Teint, unergründliche Augen. Wer Samira Samii im Sommerkleid auf der Terrasse des Bayerischen Hofs über den Dächern Münchens sitzen sieht, käme nicht auf die Idee, dass diese Frau in einem Geschäft tätig ist, in dem noch immer gerne männlich-hemdsärmelig gearbeitet wird. Die 34-Jährige leitet eine Sportmarketing-Agentur in Starnberg und mischt mit im Transfer-Business von ausländischen Fußballtalenten nach Europa. Sechs Mitarbeiter, darunter zwei vom Weltfußballverband lizenzierte Spieler-Scouts, beschäftigt sie. Gerade ist sie dabei, auch in der Bundesliga Fuß zu fassen. Ihre Art, Spieler zu betreuen, könnte man, vereinfacht formuliert, auch Konzept Mama nennen. Junge ausländische Fußballtalente, gerade aus afrikanischen oder südamerikanischen Ländern, verhalten sich manchmal wie Buben, sagt Samira Samii.

Sie sind aus ihrem Kulturkreis herausgerissen und kommen in der Fremde erst einmal nur schwer zurecht. Man muss ihnen alles abnehmen. So könnten sie sich ganz auf den Fußball konzentrieren. Ein guter Manager dürfe doch nicht nur daran interessiert sein, bei Vertragsabschlüssen satte Prämien zu kassieren, sagt sie. Das aber sei in der Spielerberater-Branche nur allzu oft noch Alltag. Mit dem Profi zum Sprachkurs Frauen, sagt sie, denken da anders. Deshalb kümmert sie sich auch um solche Dinge wie Unterkunft, schließt Versicherungen ab und geht schon mal mit in einen Deutschkurs.

Ihre Klientel sind oft Typen wie der frühere FC-Bayern-Star Breno. Der ist ein dramatisches Beispiel, wie man im gelobten Fußballland Deutschland scheitern kann. Das Urteil gegen den Abwehrspieler liegt gerade erst eine Woche zurück. Der hoch talentierte Brasilianer wurde vom Landgericht München I wegen schwerer Brandstiftung zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis verurteilt. Der 22-Jährige hatte alkoholisiert seine Villa in München-Grünwald angezündet. Er war aufgrund langwieriger Verletzungen völlig frustriert.Breno war in München nie heimisch geworden. Jetzt könnte seine so hoffnungsvolle Karriere beendet sein, bevor sie richtig begonnen hat. Im Verlauf des Prozesses hatte sich gezeigt, wie problematisch das Leben für ausländische Spieler in Deutschland sein kann. Sie haben aufgrund der Sprachprobleme kaum Ansprechpartner. Und wenn der sportliche Erfolg ausbleibt oder es Ärger in der Familie gibt, dann ist der Weg zu Drogen oder Alkohol nicht mehr weit.Und wie war Samiis eigener Start? Als Frau in diesem Geschäft sei sie zunächst nicht ernst genommen worden, erzählt sie. Die junge Deutsche mit persischen Wurzeln ist Seiteneinsteigerin. Zwar hat sie Marketing studiert, allerdings lag ihr Hauptinteresse nicht beim Fußball. Das ging so: Es war bei einem Spiel des AC Mailand in der Champions League vor sechs Jahren. Da habe ich mich entschlossen, ins Fußballgeschäft einzusteigen. Samira Samii war noch keine 26 Jahre alt und hatte, wie sie einräumt, kaum Ahnung vom Kicken.Die Frau aus dem persischen Hochadel, die sechs Sprachen spricht und deren Vater ein weltweit führender Augenchirurg ist, hat jedoch einen eigenen Kopf. Und aufgrund ihrer Familie ziemlich gute Beziehungen. Sie bewarb sich bei Bundesligist Hannover 96 als Marketing-Managerin. Sie wäre auch genommen worden, sagt sie. Aber ihr Vater habe sie gebeten, erst einmal kleinere Brötchen zu backen. Das tat sie und half dabei, den damaligen Drittligisten Arminia Hannover zu entschulden, indem sie neue Sponsoren ins Boot holte. Gleichzeitig arbeitete sie freiberuflich für den FC Ingolstadt. Damals war der heutige Augsburger Manager Manfred Paula mein Chef, sagt sie. Offensichtlich brachte sie dem Verein Glück. Die Schanzer stiegen nach der Saison auf. Inzwischen hat sie ihre eigene Agentur und verschiedene Spieler unter Vertrag. Unter anderem macht sie für Sami Allagui (Mainz) und Karim Haggui von Hannover 96 „PR“, wie sie das nennt. Und sie hat gerade jede Menge um die Ohren. Gestern Wien, heute München, morgen Barcelona.Es ist Transferzeit, noch bis August. Samira Samii will verständlicherweise keine Namen nennen. Doch sei sie in viel versprechenden Verhandlungen mit mehreren Bundesligisten. Sagt sie. Aber Spielerberaterin soll nur eine Zwischenstation in ihrer Karriere sein. Mein Traum ist es, einen Bundesligisten zu managen. Und welchen? Samira Samii schüttelt den Kopf und lacht verschmitzt. Ich habe keinen Lieblingsverein. Mein Herz klopft für den Klub, bei dem meine Spieler gerade sind.
Quelle: Augsburger Allgemeine Zeitung / 12.07.12

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