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Uwe Gospodarek: „Manuel Neuer könnte auch im Feld mitspielen“

Uwe Gospodarek war unter anderem Profi beim FC Bayern, VfL Bochum und 1. FC Kaiserslautern. Nun trainiert er den Torwart-Nachwuchs der Münchner. Im RUND-Interview spricht der 42-Jährige gemeinsam mit Sportmanagerin Samira Samii über Manuel Neuer, Sprungkraft und Explosivität.

Samira Samii & Uwe Gospodarek

In Augsburg: Uwe Gospodarek und Samira Samii

Erster Spieltag in der WWK-Arena beim Bundesligapiel des FC Augsburg gegen Hertha BSC Berlin: RUND hat dort den früheren Bayern-Torwart und heutigen Torwarttrainer des FC Bayern, Uwe Gospodarek, sowie Sportmanagerin Samira Samii getroffen. Uwe Gospodarek ist seit vielen Jahren sehr gut mit dem heutigen Trainer des FC Augsburg, Markus Weinzierl, befreundet. Beide stammen aus Straubing in Niederbayern.

Herr Gospodarek, hätten Sie es heute mit Ihren 1,83 Metern Körpergröße schwer auf absolutem Spitzenniveau?
Zu meiner Zeit, als ich aktiv war, war es noch nicht ganz so schlimm mit meiner Körpergröße. Heute werden Torhüter gesucht, die ab 1,88 Meter aufwärts, aber auch nicht zu groß sind. Die ideale Größe ist 1,93 Meter und es werden zur Zeit hauptsächlich Spieler mit dieser Größe gesucht und auch bevorzugt. Es gibt immer auch Ausnahmen, wie im Moment in der Bundesliga Yan Sommer, der auch nur 1,82 Meter ist. Das Gesamtpaket muss stimmen und dann kann ein Torwart auch kleiner sein.

Christophe Lollichon,  der Torwarttrainer bei Chelsea, sagte kürzlich, dass er in England keinen Torwart verpflichten würde, der kleiner als 1,94 Meter ist. Wäre das in der Bundesliga ähnlich? (Thibaut Courtois von Chelsea ist 1,99 Meter, Manuel Neuer 1,93 Meter groß.)
Ich glaube nicht, dass man sagen kann wenn ein Torhüter kleiner als 1,94 Meter ist kann man ihn nicht verpflichten. Das Gesamtpaket muss stimmen und natürlich kann man alles andere trainieren, aber die Größe ist naturgegeben und kann nicht trainiert werden. Körpergröße hilft natürlich aber sollte kein Ausschlusskriterium sein. Ein guter Torwart muss beweglich, schnellkräftig und explosiv sein und trotz seiner Größe von 1,94 auch springen können.

Wie sehen Sie im Training, welche Explosivität ihr Tormann entwickeln kann?
Man sieht sofort ob ein Torwart explosiv ist. Es gibt immer auch gewisse Tests im Training die man durchführen kann mit verschiedenen Sprungmatten. Wir im Jugendbereich haben eine einfache Sprungmatte. Im Profibereich wird sogar unterschieden, ob ein Torwart mehr Power und Explosivität auf dem rechten oder auf dem linken Bein hat. Springen und Explosivität muss man schon in der Jugend lernen. Meine Torhüter zur Zeit sind zwischen 14 und 17 Jahren und müssen dies lernen auch wenn sie körperlich schon sehr groß sind. Ich habe gerade einen 16-jährigen Torwart, der schon über 1,91 Meter groß ist und auch er muss springen lernen. Er muss jetzt trainieren, weil später im Aktiven-Bereich die Größe alleine einfach nicht mehr reichen würde.

Ihr Eindruck aus der Trainingsarbeit: Wie gut ist Manuel Neuer fußballerisch?
Der Manuel Neuer ist ein Ausnahmetorwart. Sein gesamtes Paket ist sensationell und er könnte genauso gut im Feld mitspielen. Im Training spielt er öfter Mal auf einer Feldposition mit und man sieht dann fast keinen Unterschied zum normalen Feldspieler. Man muss aber auch sagen, wenn man ihm im Training sieht, dass es absolut außergewöhnlich ist was er da leistet und er ist nicht zu Unrecht der Beste auf der Welt.

Wie gut muss der Torwart heute das Spiel lesen können und die Räume besetzen?
Es ist sehr, sehr wichtig im modernen Fußball vor allem wenn die Mannschaft sehr hoch steht. Gerade wie der FC Bayern spielt. Er spielt sehr hoch, greift seine Gegner sehr weit vorne an und deshalb muss der Torwart sehr weit aus seinem Tor heraus und muss viele Bälle ablaufen können und dieses Gespür braucht man einfach. Ein Torwart muss ein Spiel auch lesen und antizipieren können. Er muss vor allem auch den ersten Schritt nach vorne machen wenn ein Pass gespielt wird, denn wenn er den ersten Schritt nach hinten macht fehlen ihm schnell ein bis zwei Meter und diese Entscheidung ist dann falsch. Aus diesem Grund wird zur Zeit der offensive Torwart immer mehr gefördert und gesucht.

Die Standardsituationen scheinen noch wichtiger geworden zu sein. Wie trainiert man diese am besten mit Torhütern?
Standardsituationen sind für einen Torhüter sehr schwer, vor allem wenn sie zum Tor geschlagen werden. Der Torwart muss immer auf verschiedene Dinge achten: Erstens kann ein Stürmer mit dem Kopf hinkommen oder ein Verteidiger den Ball abfälschen. Aber noch gefährlicher sind die Bälle die durch Freund und Feind durchgehen und von keinem berührt werden. Der Torwart reagiert dann, wenn er sieht, jetzt kann keiner mehr hinkommen und dann ist es manchmal schon zu spät. Noch wichtiger in dieser Situation ist die Abstimmung und das Zusammenspiel mit der Verteidigung. Hier ist es auch unterschiedlich, ob man mit Raum- oder Manndeckung spielt.

Gibt es Unterschiede zwischen einem männlichen und einer weiblichen Spielerberaterin?
Meiner Meinung nach gibt es keinen Unterschied zwischen einem männlichen oder einer weiblichen Beraterin. Der Berater vertritt die Interessen des Spielers und dann macht es keinen Unterschied sondern es geht nur um den Spieler oder den Trainer. Wichtig ist, dass der Spielerberater oder die Beraterin seriös arbeitet und man sich auf ihn oder sie verlassen kann.

Wie ist die Zusammenarbeit mit Frau Samii?
Wir sind ja erst am Beginn unserer Zusammenarbeit. Ich habe sie bisher als sehr taffe Geschäftsfrau kennengelernt. Ab und zu habe ich auch schon mal ein sehr ernstes Gespräch mit anderen Geschäftspartnern mitbekommen. Bei Samira Samii gibt es kein „vielleicht“ oder „warum“ sondern es gibt nur „schwarz“ und „weiß“ und sie weiß genau was sie will. Beim FC Bayern München habe ich bis heute keine andere Spielerberaterin kennengelernt.

Frau Samii, was halten Sie als Spielerberaterin vom anstehenden Transfer des jungen FCA Verteidigers Abdul Rahman Baba?
Der Transfer ist der absolute Wahnsinn! Ich habe schon seit Jahren einen gute Kontakt zu Greuther Fürth, seit der Zeit von Sami Allagui. Aber die Entwicklung von Baba im letzten Jahr ist unglaublich. Er kommt als talentierter, junger Spieler von einem Zweitligaverein und setzt sich gleich in einem Bundesligateam durch. Nach nur einem Jahr möchten ihn viele Spitzenmannschaften und Chelsea scheint das Rennen zu machen. Meiner Meinung nach ist es eine Auszeichnung für den Spieler aber auch für den FC Augsburg und Stefan Reuter.

Quelle: Rund- Das Fußballmagazin/18.08.2015
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